Montag, 7. September 2015

Once upon a time I was a fool

My dearest Nancy,

ich habe mal darüber nachgedacht, dir einen Brief zu schreiben (und ihn diesmal auch tatsächlich abzusenden). Allein das Schreiben hat mich bereits Ewigkeiten gekostet. So viel dazu.
Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll. Du warst mir immer sehr wichtig. Heute Nacht habe ich davon geträumt, dass du dich über meinen Brief gefreut und mich besucht hast. Weil irgendeine winzige Region in meinem Gehirn noch immer denkt, dass das zwischen uns nur ein Missverständnis gewesen ist. 
Weißt du, mein Leben ist seltsam, aber was erzähle ich dir. Jedenfalls scheine ich etwas auszustrahlen, dass die Menschen um mich herum dazu bringt, mich auszuschließen und nichts dabei zu finden. Vielleicht habe ich so eine Art Mit-der-kann-mans-ja-machen-Gen. Das wäre ziemlich bitter. Meine größte Angst ist übrigens so zu werden wie meine Mutter. Und mit dir könnte ich darüber reden. Aber egal. Das ist kein Vorwurf, kein anklagender Brief oder so einer, der vor Selbstmitleid trieft. Nein, um genau zu sein, bin ich über Selbstmitleid lange hinaus. Ich weiß nicht, wie lange wir nicht mehr miteinander geredet haben, aber es gäbe so viel zu erzählen. Nun ja, für's Erste werde ich es hier festhalten. Weißt du, dass es ein Wort gibt, das den Geruch von Regen beschreibt? Ich glaube, solche Dinge würden dir gefallen. Immer wenn wir zusammen waren, hatte ich das Gefühl, du warst wirklich du. Dass du nichts spielen musstest, um einen Status zu behalten. Ich dachte immer, dass ich anstrengend für dich war, aber wenn ich mich zurück erinnere, warst du auch sehr oft anstrengend für mich. Ich frage mich, warum ich das wohl verdrängt habe.
Obwohl ich versuche diesen Brief ehrlich zu halten, fühle ich mich immer mehr wie eine irre Stalkerin. Echt gruselig.
Liebe Nancy, dieser Herbst wird wundervoll. Ich freue mich darauf ihn in einer Stadt zu verbringen, ich habe jetzt das Gefühl an das Leben angeschlossen zu sein. Ich weiß, dass wir Beide immer raus wollten aus dem erdrückenden Kuhkaff. Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber ich bin es jetzt. Raus meine ich. Ich höre nicht viel von dir (und sehe gar nichts, obwohl wir Nachbarn waren) seit du aus Amerika zurückgekommen bist. Aber ich glaube, dass es bei dir gerade ziemlich heftig ist und ich würde dich gern in den Arm nehmen oder dich für ein paar Nächte bei mir pennen lassen, damit du mal rauskommst. 
Was ich dir schon seit einiger Zeit sagen wollte: Ich finde es schade, dass wir keine Freunde mehr sind. Ich hatte dich sehr gern.

Ich wünsche dir alles Gute

Ach, es ist übrigens Petrichor. Das Wort, das den Geruch von Regen beschreibt.